Von Platons Zeitgenossen ist keine Veröffentlichung bekannt, die die Atlantis-Geschichte für „wahre Historie“ hielt, auch nach dem Erscheinen von „Timaios“ und „Kritias“ wurde die Abwehr des atlantischen Angriffs in keiner heute bekannten Aufzählung der Heldentaten der Athener erwähnt. Manche sehen in Aristoteles, Platons bekanntestem Schüler, den ersten Kritiker der Atlantis-Erzählung und verweisen dabei auf die durch Strabon (II 3,6) überlieferte Meinung des Poseidonios zur „Sage von der Insel Atlantis“, die sich an Aristoteles orientiere. Die Ausführung Strabons belegt jedoch eher das Gegenteil, indem er Poseidonios’ Aussage wiedergibt, dass Atlantis möglicherweise keine Erfindung sei, im Gegensatz zur „Mauer der Achäer“ bei Homer (siehe unten).Der Philosoph Krantor von Soloi, der den ersten Kommentar zu Platons „Timaios“ verfasste, war der erste, von dem wir wissen, dass er Atlantis für einen geschichtlichen Sachverhalt hielt. Er soll der erste gewesen sein, der die ägyptische Tradition der Atlantis-Überlieferung nachweisen konnte. In seinem nur fragmentarisch bei Proklos erhaltenen Werk berichtet er, die Stelen mit der ägyptischen Version des Atlantis-Berichts in Sais vorgefunden zu haben (FGrHist 665, F 31). Dies wurde bis heute von einigen Forschern als ein Beweis für die ägyptische Tradition der Atlantis-Geschichte eingeschätzt. Krantors Bericht gilt der Mehrheitsmeinung jedoch insofern als unglaubhaft, als er von Inschriften auf Stelen (στῆλαι) spricht, während im „Timaios“ von schriftlichen Darstellungen die Rede ist, die man „zur Hand nehmen“ (τὰ γράμματα λαβόντες – Tim. 24a) könne, also beispielsweise Papyrusrollen.Die Frage, ob es sich bei Atlantis um eine reale Geschichte handelt, wird auch von späteren Autoren diskutiert, etwa von Poseidonios, dessen Meinung von Strabon mit folgenden Worten angegeben wird:
„Daß aber die Erde sich zuweilen hebe und senke, und durch Erdbeben und andre ähnliche Ereignisse, die auch wir aufgezählt haben, Veränderungen erleide, das ist von ihm [sc. Poseidonios] richtig bemerkt worden, und damit stellt er auch Plato’s Ansicht passend zusammen, es lasse sich annehmen, daß auch die Sage von der Insel Atlantis keine Erdichtung sei, von welcher, wie jener berichtet, Solon, durch die aegyptischen Priester belehrt, erzählt habe, sie sei einst vorhanden gewesen, [später] aber verschwunden, an Größe einem Festlande nicht nachstehend; und dieses zu sagen, scheint ihm gerathener, als daß ihr Erfinder sie wieder vernichtet habe, wie der Dichter [Homer: Ilias 7, 337. und 436.] die Mauer der Achäer.“ – Strabon: Geôgraphiká, Buch II, 3. Kapitel, 6. Abschnitt (in der Übersetzung von Albert Forbiger, 1856)
Während Plinius noch Zweifel an der Authentizität der Geschichte insgesamt äußert (nat. II 92,205), hält Plutarch zumindest die ägyptische Tradition für möglich, will sich aber ansonsten nicht festlegen, ob es sich um Mythos oder Wahrheit handele (Plut. Solon 31). Der spätantike Neuplatoniker Proklos hielt Atlantis einerseits für real, andererseits suchte er auch eine symbolische Deutung. Weitere Autoren, wie etwa der Kirchenvater Tertullian, nutzen Atlantis ohne Vorbehalt als historisches Paradigma. Nachdem jedoch noch im . Jahrhundert der Byzantiner Kosmas Indikopleustes den fiktionalen Charakter des Atlantis-Berichts festhielt, geriet er schließlich im europäischen Mittelalter in Vergessenheit.Als Vorlage für Utopien fand Atlantis vermutlich bereits in der Antike Verwendung. So etwa bei Euhemeros von Messene, dessen fiktionale Insel Panchaia sowohl Ähnlichkeiten zu Atlantis wie zu „Ur-Athen“ aufweist (Diod. 5,41–46). Panchaia wird als eine außergewöhnlich fruchtbare Insel dargestellt, auf der die Gesellschaft – wie auf Atlantis – in drei Klassen eingeteilt sei. In der Mitte der Insel fände sich ein großer, Zeus geweihter Tempel. Ein anderer antiker Autor, Theopompos von Chios, persiflierte Platons Atlantis-Erzählung in seinem Werk „Philippika“. In ihm wird von einem Land namens Meropis jenseits des Atlantischen Ozeans berichtet, von dem aus ein Heer mit zehn Millionen Soldaten aus der „Stadt der Krieger“ („Machimos“) ausrückte, um die Hyperboreer auf der anderen Seite des Ozeans zu unterwerfen (FGrHist 115, F 75). An die Stelle von Solon und dem Priester von Sais traten bei Theopompos der mythische König Midas und ein Mischwesen aus Mensch und Pferd.
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