In der frühen Neuzeit wurden die alten römischen und griechischen Manuskripte von den Gelehrten wiederentdeckt, und so verbreitete sich auch die Geschichte von Atlantis erneut. Besonders mit der Entdeckung Amerikas 1492 bekam die Atlantis-Legende eine gewisse Plausibilität, da man annahm, Amerika sei zumindest der Überrest des versunkenen Kontinents. Bartolomé de Las Casasschrieb in seinem Werk „Historia general de las Indias“ dazu: „Kolumbus konnte vernünftigerweise glauben und hoffen, dass, obgleich jene große Insel verloren und versunken war, andere zurückgeblieben sein würden oder wenigstens das Festland und dass, wenn man sie suchte, man sie finden würde.“ Auch Girolamo Fracastoro, bekannt für seine Beschreibung der Syphilis, setzte Amerika und Atlantis gleich.
Eine Reihe von Philosophen der frühen Neuzeit nahm die platonische Methode der Sozialkritik durch eine Scheingeschichte auf. Als erster tat dies 1516 der Engländer Thomas Morus mit seinem Werk „Utopia“. Während sich bei Morus lediglich Anlehnungen an Platons „Politeia“ finden, bezogen sich die Utopisten der Folgezeit explizit auf den platonischen Mythos von Atlantis. So nahm etwa ein Jahrhundert nach Morus’ Utopia der italienische Dominikanermönch Tommaso Campanella Atlantis sowie die Beschreibung desIambulos zum Vorbild, um eine eigene Staatsutopie zu erschaffen. Diese heißt in der italienischen Fassung „La città del Sole“ und benutzt ebenfalls die Form des Dialoges, in diesem Fall zwischen einem weitgereisten genuesischen Admiral und einem Hospitaliter. Campanellas fiktiver Sonnenstaat ist auf der realen Insel Taprobane (heute Sri Lanka) angesiedelt. Insbesondere bei der Beschreibung der Stadt orientiert sich Campanella an Platons Beschreibung von Atlantis im „Kritias“:
„In einer weiten Ebene erhebt sich ein gewaltiger Hügel, über den hin der größere Teil der Stadt erbaut ist. Ihre vielfachen Ringe aber erstrecken sich in eine beträchtliche Entfernung vom Fuße des Berges. […] Sie ist in sieben riesige Kreise oder Ringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind“.
Beinahe zeitgleich zu Campanella, um 1624, schrieb Francis Bacon in England an seiner Utopie „Nova Atlantis“, die sich schon im Titel auf Platon bezog. Er benutzte Platons Atlantis dabei als historisches Faktum und identifizierte es mit Amerika, um somit seiner eigenen Utopie eine scheinbare Glaubwürdigkeit zu verleihen. Eine Sintflut habe einst das „alte Atlantis“ bis auf wenige Überlebende vernichtet. Bacons „neues Atlantis“ ist eine Südsee-Insel namens Bensalem, auf welcher – Platon sehr ähnlich – eine hierarchische, monarchistische Staatsordnung, patriarchalische Familienstruktur und christliche Sittenstrenge zu finden sind. Herrschaftszentrum sei das „Haus Salomon“, in welchem ein gotterwählter, „ehrwürdiger Vater“ thront. Bacons Werk blieb unvollendet und wurde erst nach seinem Tod durch William Rawley veröffentlicht. Laut Rawley ist der frühe Tod Bacons der Grund dafür, warum darin keine Sozialkritik zu finden ist.Nachdem die Überreste der versunkenen Insel zunächst in Amerika gesehen wurden – womit sich der Anspruch der spanischen Conquista rechtfertigen ließ – erklärte Ende des 17. Jahrhunderts der Universalgelehrte und Rektor der Universität Uppsala Olof Rudbeck in seinem vierbändigen WerkAtlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes ac patria (1679 bis 1702, schwedisch „Atland eller Manheim“), Schweden zu Atlantis und Uppsala zu dessen Hauptstadt.In seinen Schriften vermengte Rudbeck Platons Atlantis mit Versatzstücken aus der Edda sowie Legenden über Noachs angeblichen Enkel Atlas, der sich im Norden niedergelassen habe. Mit diesemEklektizismus versuchte er, dem Volk Israel den Anspruch auf seine Auserwähltheit streitig zu machen und Schweden zum Geburts- und Stammland sämtlicher Völker Asiens und Europas zu erheben; darüber hinaus postulierte er, dass die Runen die Vorläufer der phönizischen undgriechischen Buchstaben seien. Platon nannte er einen Lügner, dem es gelungen sei, die Auffindung des wahren nordischen Atlantis zu verhindern. Rudbeck war somit einer der Ersten, die Atlantis und dessen mutmaßliche Lokalisierung zu politisch-ideologischen Zwecken vereinnahmten.So wurden vor allem im deutschen Sprachraum in der Zeit der Weimarer Republik und während des 'Dritten Reiches' in völkischen und nationalsozialistischen Kreisen Modelle der Atlantis-Rezeption kultiviert, deren Verfechter Platons versunkenes Inselreich vor allem in der Nordsee sowie amNordpol - dem angeblichen nordischen Urkontinent 'Arktogäa' - lokalisierten oder mit dem sagenhaften Thule gleichsetzten, und es zur Urheimat der 'arischen Herrenrasse' erklärten. Zu den Wegbereitern dieser rassistisch-ideologischen Rezeption des Atlantisberichts gehörte vor allem Guido von List, einer der Protagonisten der so genannten Ariosophie; seinerzeit bekannte Autoren entsprechender Atlantis-Literatur waren z.B. Karl Georg Zschaetzsch und Heinrich Pudor . Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wurde derartiges Ideengut zunächst vorwiegend außerhalb Deutschlands propagiert, z.B. von dem rechtsextremen chilenischen Autor Miguel Serrano . Hierzulande wurden nach 1945 aber auch 'nordische' Atlantis-Konzepte, die nicht der 'ario-atlantistischen' Traditionslinie zuzurechnen sind, in Kreisen der 'Alten' und 'Neuen Rechten' begeistert aufgegriffen und ideologisch instrumentalisiert, vor allem Jürgen Spanuths Verortung von Atlantis bei Helgoland und seine These, die Atlanter seien dem nordischen Kulturkreis der Bronzezeit zuzurechnen. Auch in Esoterik und Okkultismus wurde die Geschichte von Atlantis lebhaft rezipiert. In Theosophie, Anthroposophie und Ariosophiewurden die „Atlantier“ als Repräsentanten einer von sieben Menschheitsepochen angesehen, und in der hermetischen Kosmischen Philosophie sind sie Ursprung okkulter Lehren. Bei aller Differenz zieht der Historiker Franz Wegener eine Verbindungslinie zwischen diesen Strömungen, Vertretern der Konservativen Revolution, Welteislehre-Anhängern, Nationalsozialisten und Neuen Rechten und stellt die Hypothese eines „atlantidischen Zielbildes“ auf, „ein Zielbild, das seine Träger unbewußt in sich beschleunigender Bewegung der Selbstzerstörung entgegeneilen läßt“.Mitunter wird Atlantis als Synonym für eine reiche und mächtige Kultur gebraucht, die plötzlich und unerwartet unterging. So sprach beispielsweise Thomas Edward Lawrence von der einst prachtvollen, jedoch später versandeten südarabischen Metropole Ubar als „Atlantis der Wüste“ (engl. „Atlantis of the Sands“). Auch der sagenhafte, untergegangene Ostseehafen Vineta wird gelegentlich als „Atlantis des Nordens“ bezeichnet. In der Belletristik ist kaum mehr als diese Versinnbildlichung Atlantis geblieben, die seit etwa 1850von Schriftstellern verstärkt aufgegriffen wird. In Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer etwa besuchen Kapitän Nemo und Professor Aronnax die Ruinen von Atlantis am Meeresgrund.